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Handelsvertreter in der Türkei

Der Handelsvertreter (türkisch:“acente“) ist im türkischen Handelsgesetzbuch (Art. 102 ff. TTK) geregelt und stellt eine etablierte Form der Vertriebsorganisation dar. Sein Einsatz bietet sich insbesondere dann an, wenn ein Unternehmen seine Produkte oder Dienstleistungen in einem bestimmten Gebiet vertreiben möchte, ohne dort eine eigene Niederlassung oder Tochtergesellschaft zu gründen.

Inhaltsübersicht

  • Was ist ein Handelsvertreter?
  • Was sind die Merkmale des Handelsvertreters?
  • Was sind die Pflichten des Handelsvertreters?
  • Was sind die Rechte des Handelsvertreters?
  • Wann ist der Einsatz eines Handelsvertreters wirtschaftlich sinnvoll?

Was ist ein Handelsvertreter?

Gemäß Art. 102 Abs. 1 TTK ist ein Handelsvertreter eine Person, die – ohne in einer vom Unternehmer abhängigen Rechtsstellung wie etwa als Handlungsbevollmächtigter, Prokurist, Verkaufsangestellter oder sonstiger Mitarbeiter tätig zu sein – aufgrund eines Vertrags in einem bestimmten Ort oder Gebiet dauerhaft damit betraut ist, Geschäfte, die ein Handelsgewerbe betreffen, zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen.

Was sind die Merkmale des Handelsvertreters?

Die wichtigsten Merkmale des Handelsvertreters sind wie folgt:

  1. Vertragliche Grundlage: Das Rechtsverhältnis zwischen dem Handelsvertreter und dem Unternehmer beruht auf einem Handelsvertretervertrag.
  2. Selbständigkeit: Der Handelsvertreter ist kein Arbeitnehmer des Unternehmers und darf nicht in die Organisation des Unternehmers eingegliedert sein. Der Handelsvertreter ist keiner hierarchischen Weisungsstruktur unterstellt, sondern bestimmt seine Arbeitszeit sowie die Art und Weise seiner Tätigkeit eigenständig.
  3. Gebiets- oder ortsgebunden: Der Handelsvertreter ist regelmäßig für ein bestimmtes Gebiet zuständig.
  4. Dauerhaftigkeit: Die Beziehung zwischen dem Handelsvertreter und dem Unternehmer muss auf Dauer angelegt sein. Entscheidend ist hier nicht, dass das Handelsvertreterverhältnis über einen sehr langen Zeitraum besteht, sondern dass das Verhältnis auf eine kontinuierliche Zusammenarbeit zwischen den Parteien ausgerichtet ist.
  5. Handeln im Interesse eines Unternehmers: Der Handelsvertreter fördert Geschäfte des Unternehmers oder schließt diese ab.

Was sind die Pflichten des Handelsvertreters?

Nach den Bestimmungen des TTK ergeben sich insbesondere folgende Pflichten:

  • Vermittlung und Abschluss von Geschäften: Der Handelsvertreter vermittelt Geschäfte oder schließt sie im Namen des Unternehmers ab, ohne selbst Partei zu werden.
  • Treue- und Sorgfaltspflicht: Der Handelsvertreter muss die Interessen des Unternehmers wahren und die Geschäfte mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns führen.
  • Informations- und Benachrichtigungspflichten: Der Handelsvertreter ist verpflichtet, den Unternehmer regelmäßig und unverzüglich über die von ihm vermittelten Geschäfte, die finanzielle Situation der Kunden sowie über etwaige Veränderungen dieser Situation zu unterrichten. Darüber hinaus hat er den Unternehmer über wesentliche Entwicklungen des Marktes und der Geschäftslage auf dem Laufenden zu halten.
  • Wettbewerbsverbot: Ohne Zustimmung des Unternehmers darf der Handelsvertreter nicht für konkurrierende Unternehmen tätig sein.
  • Abrechnungs- und Herausgabepflicht: Alles, was der Handelsvertreter im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit erhält (z. B. Zahlungen oder Unterlagen), muss er ordnungsgemäß abrechnen und an den Unternehmer weiterleiten.

Was sind die Rechte des Handelsvertreters?

Dem Handelsvertreter stehen nach den Bestimmungen des TTK verschiedene Rechte zu, die ihn für seine Tätigkeit absichern:

  • Provision: Der Handelsvertreter hat Anspruch auf Provision, wenn er durch seine Vermittlung erreicht, dass im Namen des Unternehmers ein Vertrag abgeschlossen wird. Steht fest, dass der Unternehmer das vermittelte Geschäft teilweise oder vollständig oder nicht in der vorgesehenen Weise erfüllen wird, behält der Handelsvertreter dennoch seinen Vergütungsanspruch, es sei denn, der Vertrag wird aus Gründen, die dem Unternehmer nicht zuzurechnen sind, nicht erfüllt.
  • Kundenschutzprovision (Folgeprovision): Der Handelsvertreter hat auch Anspruch auf Provision für nach Vertragsende abgeschlossene Geschäfte, wenn diese wesentlich auf seine Tätigkeit zurückzuführen sind.
  • Informationsrechte: Der Handelsvertreter hat Anspruch auf Auskunft und Rechenschaft des Unternehmers über die vermittelten oder abgeschlossenen Geschäfte. Er kann ferner vom Unternehmer Auskunft über alle für die Durchführung des Handelsvertretervertrages erforderlichen Umstände verlangen.
  • Zurückbehaltungsrechte: Der Handelsvertreter hat bis zur vollständigen Begleichung seiner Forderungen gegenüber dem Unternehmer ein Zurückbehaltungsrecht an den Vermögenswerten des Unternehmers, über die der Handelsvertreter verfügt.
  • Exklusivität: Sofern nicht schriftlich etwas anderes vereinbart ist, darf der Unternehmer an demselben Ort oder in demselben Gebiet gleichzeitig nicht mehr als einen Handelsvertreter für denselben Geschäftszweig bestellen.
  • Ausgleichsanspruch bei Beendigung des Vertragsverhältnisses: Bei Vertragsbeendigung hat der Handelsvertreter Anspruch auf einen Ausgleichsanspruch, wenn (i) der Unternehmer dank der vom Handelsvertreter geworbenen neuen Kunden auch nach Vertragsbeendigung erhebliche Vorteile erzielt, (ii) der Handelsvertreter infolge der Vertragsbeendigung den Anspruch auf Vergütung für solche Geschäfte verliert, die mit den von ihm geworbenen Kunden abgeschlossen wurden oder in absehbarer Zeit abgeschlossen worden wären, wenn das Vertragsverhältnis fortbestanden hätte und (iii) nach den besonderen Umständen des Einzelfalls die Zahlung einer Entschädigung der Billigkeit entspricht. Der Ausgleichsanspruch besteht jedoch dann nicht, wenn der Handelsvertreter den Vertrag gekündigt hat, ohne dass der Unternehmer hierzu Anlass durch ein vertragswidriges Verhalten gegeben hat, oder der Unternehmer den Vertrag aus wichtigem Grund aufgrund eines Verschuldens des Handelsvertreters beendet hat.

Wann ist der Einsatz eines Handelsvertreters wirtschaftlich sinnvoll?

Wirtschaftlich sinnvoll ist der Einsatz eines Handelsvertreters insbesondere dann, wenn ein Unternehmer:

  • in einem bestimmten Gebiet geschäftlich tätig werden möchte, ohne dort eine eigene Niederlassung oder Tochtergesellschaft zu gründen,
  • die Kosten- und Risikostruktur minimieren möchte, da der Handelsvertreter regelmäßig auf Provisionsbasis arbeitet und somit Fixkosten für Personal, Büroräume und Infrastruktur entfallen,
  • eine kontinuierliche Marktpräsenz benötigt, die über bloße Einzelgeschäfte hinausgeht,
  • von lokalem Know-how und bestehenden Netzwerken profitieren möchte, etwa im Rahmen des Markteintritts in der Türkei oder beim Ausbau von Geschäftsbeziehungen in einer bestimmten Region.

Rechtliche Unterstützung zur Handelsvertretertätigkeit in der Türkei

Die vorgenannten Punkte bieten lediglich einen Einblick im Bereich der Handelsvertretung. Für individuelle Beratung zum Thema nehmen Sie gerne direkt Kontakt mit unserer Anwaltskanzlei auf. 

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