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Vertragshändler in der Türkei

Der Vertragshändler (türkisch:“distribütör“) ist im Gegensatz zum Handelsvertreter im Türkischen Handelsgesetzbuch (TTK) nicht ausdrücklich geregelt. Es handelt sich vielmehr um einen atypischen Vertragstyp, der durch richterliche Rechtsprechung, Lehre und Vertragsgestaltung geprägt ist. Beim Vertragshändlervertrag übernimmt der Vertragshändler auf eigenes Risiko den Verkauf der Produkte oder Dienstleistungen des Herstellers oder Lieferanten.

Inhaltsübersicht

  • Was ist ein Vertragshändler?
  • Was sind die Merkmale des Vertragshändlers?
  • Was sind die Pflichten des Vertragshändlers?
  • Was sind die Rechte des Vertragshändlers?
  • Wann ist der Einsatz eines Vertragshändlers wirtschaftlich sinnvoll?

Was ist ein Vertragshändler?

Ein Vertragshändler ist eine selbständige juristische oder natürliche Person, die Waren oder Dienstleistungen eines Herstellers oder Lieferanten im eigenen Namen und auf eigene Rechnung erwirbt, um diese anschließend in einem bestimmten Gebiet oder Marktsegment weiterzuverkaufen.

Anders als der Handelsvertreter vermittelt der Vertragshändler Geschäfte nicht im Namen des Unternehmers, sondern tritt selbst als Vertragspartner gegenüber den Endkunden auf.

Was sind die Merkmale des Vertragshändlers?

Die wichtigsten Merkmale des Vertragshändlers sind wie folgt:

  1. Vertragliche Grundlage: Grundlage der Zusammenarbeit ist ein Vertragshändlervertrag, der weitgehend der Privatautonomie der Parteien unterliegt. Da der Vertragshändler, anders als der Handelsvertreter, nicht gesetzlich geregelt ist, ist für ihn der Abschluss eines Vertrages besonders wichtig.
  2. Eigenes Risiko und eigene Rechnung: Der Vertragshändler kauft Produkte vom Hersteller/ Lieferanten im eigenen Namen und auf eigene Rechnung und trägt das Risiko für Absatz, Lagerhaltung und Zahlungsausfall.
  3. Selbständigkeit: Der Vertragshändler ist kein Arbeitnehmer, sondern selbständiger Unternehmer.
  4. Gebietsbindung und Exklusivität: Vertragshändlerverträge enthalten häufig eine Gebietszuteilung und gegebenenfalls Exklusivrechte für den Vertrieb in einer bestimmten Region.
  5. Dauerhafte Zusammenarbeit: Der Vertragshändlervertrag ist in der Regel auf eine längere, kontinuierliche Zusammenarbeit angelegt.

Was sind die Pflichten des Vertragshändlers?

Die Pflichten des Vertragshändlers ergeben sich aus dem Vertragshändlervertrag, die typischen Pflichten sind aber in der Regel wie folgt:

  • Abnahme- und Absatzpflicht: Der Vertragshändler verpflichtet sich regelmäßig, bestimmte Mindestmengen abzunehmen und nach den Maßgaben des Herstellers/ Lieferanten aktiv für den Absatz im Vertriebsgebiet zu sorgen.
  • Informationspflichten: In der Praxis ist der Vertragshändler in der Regel vertraglich verpflichtet, den Hersteller/ Lieferanten regelmäßig über Marktbedingungen, Kundenwünsche und Wettbewerbsentwicklungen zu informieren.
  • Wettbewerbsverbot: Verträge enthalten häufig Klauseln, die dem Vertragshändler untersagen, konkurrierende Produkte ohne Zustimmung des Herstellers/ Lieferanten zu vertreiben.
  • Durchführung bestimmter Werbemaßnahmen: Vertragshändler sind häufig verpflichtet, Werbe- und Marketingmaßnahmen für die Produkte durchzuführen.
  • Zahlungspflichten: Der Vertragshändler ist verpflichtet, die bezogenen Waren ordnungsgemäß zu bezahlen und das wirtschaftliche Risiko für deren Weiterverkauf zu tragen.

Was sind die Rechte des Vertragshändlers?

Auch die Rechte des Vertragshändlers ergeben sich aus dem Vertragshändlervertrag, der Vertragshändler hat aber typischerweise die folgenden Rechte:

  • Vertriebsrecht im Gebiet: Der Vertragshändler erhält ein exklusives oder nicht-exklusives Vertriebsrecht in einem bestimmten Gebiet.
  • Gewinnmarge: Da er Waren im eigenen Namen und auf eigene Rechnung vertreibt, hat er Anspruch auf die Handelsspanne zwischen Einkaufs- und Verkaufspreis.
  • Informations- und Unterstützungsanspruch: Der Vertragshändler kann verlangen, dass der Hersteller/ Lieferant ihn mit allen erforderlichen Informationen, Produktunterlagen und gegebenenfalls Schulungen versorgt und ihn bei der Vermarktung und dem Verkauf der Produkte unterstützt.
  • Einhaltung der vereinbarten Konditionen: Der Vertragshändler hat Anspruch auf die Einhaltung der vereinbarten Konditionen in Bezug auf die Preisgestaltung, Lieferungsfristen und Gewährleistung.
  • Exklusivität: Sofern vertraglich vereinbart, darf der Lieferant im Vertriebsgebiet keine weiteren Händler einsetzen.
  • Ausgleichsanspruch des exklusiven Vertragshändlers bei Beendigung des Vertragsverhältnisses: Artikel 112 TTK, der den Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters regelt, gilt gemäß Absatz 5 dieser Bestimmung auch für exklusive Vertragshändler. Demnach hat der exklusive Vertragshändler bei Vertragsbeendigung gemäß Artikel 112 Absatz 5 TTK Anspruch auf einen Ausgleichsanspruch, wenn (i) der Hersteller/ Lieferant dank der vom Vertragshändler geworbenen neuen Kunden auch nach Vertragsbeendigung erhebliche Vorteile erzielt, (ii) der Vertragshändler infolge der Vertragsbeendigung den Anspruch auf Vergütung für solche Geschäfte verliert, die mit den von ihm geworbenen Kunden abgeschlossen wurden oder in absehbarer Zeit abgeschlossen worden wären, wenn das Vertragsverhältnis fortbestanden hätte und (iii) nach den besonderen Umständen des Einzelfalls die Zahlung einer Entschädigung der Billigkeit entspricht. Der Ausgleichsanspruch besteht jedoch dann nicht, wenn der Vertragshändler den Vertrag gekündigt hat, ohne dass der Hersteller/ Lieferant hierzu Anlass durch ein vertragswidriges Verhalten gegeben hat, oder der Hersteller/ Lieferant den Vertrag aus wichtigem Grund aufgrund eines Verschuldens des Vertragshändlers beendet hat.

Wann ist der Einsatz eines Vertragshändlers wirtschaftlich sinnvoll?

Die Zusammenarbeit mit einem Vertragshändler ist insbesondere dann wirtschaftlich sinnvoll, wenn ein Unternehmen:

  • seine Produkte in der Türkei vertreiben möchte, ohne eigenes Personal oder Infrastruktur vor Ort aufzubauen,
  • eine starke, langfristige Marktpräsenz mit eigener Vertriebs- und Serviceinfrastruktur des Händlers wünscht,
  • die Marktrisiken (Lagerhaltung, Finanzierung, Absatzrisiken) nicht selbst tragen möchte,
  • von lokalen Netzwerken, Kundenbeziehungen und Marktkenntnissen profitieren möchte,
  • eine flexible und skalierbare Vertriebsstruktur benötigt, die mit geringem administrativem Aufwand verbunden ist,
  • den Markt zunächst „testen“ möchte, bevor eine eigene Niederlassung oder Tochtergesellschaft gegründet wird.

Rechtliche Unterstützung zum Vertragshändlervertrag in der Türkei

Die vorgenannten Punkte bieten lediglich einen Einblick zum Vertragshändlervertrag. Für individuelle Beratung zum Thema nehmen Sie gerne direkt Kontakt mit unserer Anwaltskanzlei auf. 

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