Beginn von elektronischen Verhandlungen im Gerichtsverfahren

Mit dem Ausbruch von Covid-19 kam es im Rahmen der in den Gerichtsgebäuden getroffenen Maßnahmen zu raschen Entwicklungen beim Übergang zur elektronischen Verhandlung. Das E-Verhandlung-System, das vom Justiz-ministerium entwickelt wurde und die Möglichkeit bietet, an Verhandlungen per Videokonferenztechnik teilzunehmen, war ein großer Schritt, um die Gerichtskosten zu senken und die Parteien vor dem Coronavirus zu schützen.

Die jüngsten Entwicklungen im Nationalen System für den Elektronischen Rechtsverkehr  (UYAP), die zunehmende Nutzung von UYAP, die Integration vieler anderer öffentlicher Institutionen in dieses System und schließlich die Einführung der E-Verhandlung haben den Digitalisierungsprozess in den Gerichts-verfahren beschleunigt.

Dementsprechend wird erwartet, dass mit der weit verbreiteten Nutzung des E-Verhandlung-Systems Arbeit und Zeit eingespart werden, wodurch die Kosten gesenkt und die Verhandlungen in kürzerer Zeit abgeschlossen werden.


Wie beantrage ich die elektronische Verhandlung?

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die elektronische Abhaltung der mündlichen Verhandlung von der Zustimmung des Richters abhängt. Anwälte können ihre begründeten E-Verhandlung-Anträge bis zu 24 Stunden vor der entsprechenden Verhandlung auf dem UYAP-Anwaltsportal beim zuständigen Gericht einreichen. Dieser Antrag wird vom Richter geprüft, bei Annahme des Antrags findet die Verhandlung elektronisch statt.

Was muss bei der Nutzung des E-Verhandlung-Systems berücksichtigt werden?

Es besteht kein Unterschied zwischen den Voraussetzungen für die bisherigen physischen Verhandlungen und den Voraussetzungen für die E-Verhandlung. Da die in Art. 49 des Gesetzes Nr. 1136 geregelte Pflicht zur Teilnahme an den Verhandlungen mit Robe keine Ausnahme in Bezug auf E-Verhandlungen mit sich bringt, müssen Rechtsanwälte auch während der elektronischen Verhandlung eine Robe tragen.

Die Verwendung von Audio- oder Videoaufnahmegeräten ist während der E-Verhandlung, wie auch in den Verhandlungen in den Gerichtssälen, verboten.

Die Anhörung beginnt, nachdem der Richter die Informationen und das Foto des Anwalts über das UYAP-System durch die Authentifizierung per Mobil- oder E-Signatur bestätigt hat.

Darüber hinaus wurde festgestellt, dass für die Durchführung der E-Verhandlung  eine Internetgeschwindigkeit von mindestens 8 Mbit erforderlich ist, um Unterbrechungen bei der Bild- und Tonübertragung zu vermeiden, und dass die  Internet-Verbindung keine öffentliche Verbindung sein sollte.

Was ist die Rechtsgrundlage des E-Verhandlung-Systems? 

Gemäß Artikel 149 der 2011 in Kraft getretenen Zivilprozessordnung Nr. 6100 (HMK) ist es möglich, Gerichtsverhandlungen mittels Audio- und Videoübertragung durchzuführen.

Nach dieser Bestimmung mussten der Kläger und der Beklagte jedoch der elektronischen Verhandlung zustimmen und einen gemeinsamen diesbezüglichen Antrag stellen.

Mit dem Gesetz Nr. 7251, das am 28. Juli 2020 in Kraft trat, wurde Art. 149 HM  geändert und das Erfordernis der Einwilligung beider Parteien aufgehoben.

Obwohl der einseitige Antrag einer der Parteien im Hinblick auf das nach dieser Änderung weit verbreitete E-Verhandlung-System nunmehr ausreichend ist, besteht noch immer ein Ermessensspielraum des Richters. Wie bereits erläutert, muss eine der Parteien, damit die mündliche Verhandlung elektronisch abgehalten werden kann, einen diesbezüglichen Antrag über UYAP stellen, dieser Antrag muss vom Richter angenommen werden.

Wer profitiert vom E-Verhandlung-System?

Insbesondere Rechtsanwälte,  Kläger, Beklagte und Sachverständige sind Nutznießer des E-Verhandlung-Systems.



Autor: Elif Tütüncü
Autor: Naz Köstem