Corona und Arbeitsrecht - Wichtige Fragestellungen auf Arbeitgeber und Arbeitnehmerseite

Aufgrund der schnellen und weltweiten Ausbreitung des Coronavirus (COVID 19), der nunmehr auch in der Türkei angekommen ist, erleben wir infolge einer Vielzahl von Maßnahmen in sozialer und ökonomischer Hinsicht Veränderungen. Diese Veränderungen führen zu einer Beeinträchtigung des Wirtschaftslebens, was eine Anzahl von juristischen Fragen in Bezug auf die Rechte und Pflichten von Arbeitnehmern und Arbeitgebern aufwirft. Die wichtigsten Fragestellungen sind wie folgt:

Welche Pflichten treffen den Arbeitgeber, wenn in einem Unternehmen bei einem Mitarbeiter der Verdacht besteht, mit dem Coronavirus infiziert zu sein?

Eine der wesentlichen Pflichten des Arbeitgebers besteht in der Gewährleistung eines sicheren Arbeitsumfeldes. Er muss aus diesem Grund seine Arbeitnehmer über die Risiken der Infizierung mit dem Coronavirus für sie selbst und ihre Kollegen sowie über die Maßnahmen, die in einem solchen Fall ergriffen werden können, aufklären und seine Arbeitnehmer dazu auffordern, ihn unverzüglich zu informieren, wenn ein solcher Verdacht bei ihnen selbst besteht. Die Anordnung einer ärztlichen Untersuchung ist nicht zulässig, wenn keinerlei Krankheitssymptome vorliegen, der Arbeitgeber kann eine ärztliche Untersuchung lediglich empfehlen. Zeigt ein Arbeitnehmer jedoch Symptome, muss entweder der Betriebsarzt oder, falls ein solcher nicht vorhanden ist, das Gesundheitsamt informiert werden.

Ist der Arbeitnehmer verpflichtet, den Arbeitgeber zu informieren, wenn bei ihm der Verdacht einer Infizierung mit dem Coronavirus besteht?

Hat ein Arbeitsnehmer sich mit dem Coronavirus infiziert oder besteht das Risiko einer Infektion, so ist er verpflichtet, seinen Arbeitgeber unverzüglich zu informieren. Diese Informationspflicht entstammt der Treuepflicht gegenüber dem Arbeitgeber. Jedem Arbeitnehmer obliegt ferner die Sorgfaltspflicht, seine Kollegen vor gesundheitlichen und sonstigen Gefahren am Arbeitsplatz infolge seiner eigenen Handlungen zu schützen.

Darf der Arbeitgeber den Betrieb reduzieren oder vollständig einstellen?

Aufgrund der Pflicht des Arbeitgebers zur Gewährleistung eines sicheren Arbeitsumfeldes muss er alle Tätigkeiten im Betrieb einstellen, wenn die weitere Beschäftigung der Arbeitnehmer im Unternehmen für diese lebensgefährlich ist. Erst wenn der lebensbedrohliche Zustand aufgehoben ist, darf der Betrieb wieder aufgenommen werden.

Die Einstellung oder Reduzierung des Betriebs dürfen aus zwingenden Gründen erfolgen. Wird aus wichtigen Gründen wesentlich unter der normalen Arbeitszeit gearbeitet oder die Arbeit ganz eingestellt, müssen diese Arbeitszeiten allerdings innerhalb von vier Monaten nachgeholt werden, wobei es dem Arbeitgeber freisteht, die Zeiten für die Einstellung des Betriebs und die Nachholung der nicht geleisteten Arbeitszeiten unter der Bedingung, dass pro Tag nicht mehr als elf Stunden gearbeitet werden darf, festzulegen. Die Arbeitnehmer haben in diesem Zeitraum Anspruch auf ihre Vergütung, die Ausgleichszeiten gelten nicht als Mehrarbeit.

Darf auf Homeoffice umgestellt werden?

Sofern der Arbeitnehmer seine beruflichen Tätigkeiten auch außerhalb des Betriebs ausführen kann, kann auf Homeoffice umgestellt werden.

Bei der Umstellung auf Homeoffice müssen dem Arbeitnehmer jedoch die Rahmenbedingungen für die Ausführung seiner Tätigkeiten außerhalb des Betriebs mitgeteilt werden und der Arbeitnehmer muss seine schriftliche Einwilligung in die Umstellung auf Homeoffice und die ihm vorgegebenen Rahmenbedingungen erteilen.

Darf der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer einseitig in den Urlaub schicken?

Bezahlten Urlaub darf der Arbeitgeber einseitig anordnen, beim unbezahlten Urlaub bedarf es der Einwilligung des Arbeitnehmers.

Es ist dem Arbeitgeber ferner gestattet, Kollektivurlaub anzuordnen, sofern der Kollektivurlaub im Zeitraum von Anfang April bis Ende Oktober liegt.

Darf der Arbeitnehmer die Arbeit verweigern, wenn im Betrieb eine Coronavirus-Infektion festgestellt wird?

Wird im Betrieb eine Coronavirus-Infektion festgestellt, so stellt dies für alle Arbeitnehmer eine ernste Gefahr dar. Arbeitnehmer dürfen in diesem Fall vom Arbeitgeber verlangen, dass dieser die notwendigen Maßnahmen zur Abwendung der Gefahr ergreift. Unterlässt der Arbeitgeber wirksame Maßnahmen, so dürfen die Arbeitnehmer die Arbeit verweigern. Lohnkürzungen oder andere Beschneidungen der vertraglichen Rechte der Arbeitnehmer dürfen in diesem Fall nicht vorgenommen werden

Wann darf ein Arbeitsvertrag aus wichtigem Grund gekündigt werden?

Arbeitnehmer dürfen ihren Arbeitsvertrag aus wichtigem Grund kündigen, wenn sich der Arbeitgeber oder ein anderer Mitarbeiter mit dem Coronavirus infiziert hat und der Arbeitnehmer mit dem Infizierten in ständigem nahen Kontakt steht oder wenn die Arbeit im Betrieb aus zwingenden Gründen für mehr als eine Woche eingestellt wird.

Dem Arbeitgeber ist die Kündigung aus wichtigem Grund dann gestattet, wenn sich der Arbeitnehmer nicht an die vorgeschriebenen Hygienevorschriften hält oder sich weigert, Handschuhe oder Atemschutzmasken zu benutzen, und damit die Sicherheit seiner Mitarbeiter gefährdet.

Stand: 27.03.2020

Wir weisen darauf hin, dass sich die Rechtslage laufend ändern kann, sind aber bemüht die Inhalte auf dem aktuellsten Stand zu halten.

 

 

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