Mietzinszahlung für Arbeitsplätze in Zeiten von Covid-19

Als Resultat der weltweiten Verbreitung des Coronavirus (COVID-19) werden die Auswirkungen der Pandemie nun ebenfalls in der Türkei sichtbar. Aus diesem Grund hat die türkische Regierung bestimmte Maßnahmen ergriffen, um die Verbreitung der Krankheit zu unterbinden und das Fortbestehen von Firmen zu gewährleisten. Die neuen Regelungen zu Mietverträgen werfen vielseitige juristische Fragen bezüglich der Verpflichtungen von Mietern und Vermietern auf.

Die meistgestellten Fragen und deren Antworten lauten wie folgt:

1. Die Aktivitäten welcher Arbeitsplätze wurden eingestellt?

Es wurde per Ankündigung des Innenministeriums entschieden, dass die Aktivitäten von mehr als zweihunderttausend Arbeitsplätzen eingestellt werden.

Dementsprechend wurden die Aktivitäten von Nachtclubs, Bars, Diskotheken, Theatern, Kinos, Veranstaltungszentren, Konzerthallen, Veranstaltungsorten für Hochzeiten und Verlobungen, Restaurants und Cafes mit Musik, Casinos, Bierhallen, Tavernen, Kaffeehäusern, Kantinen, öffentlichen Gärten, Shisha-Bars, Internetsalons, Internetcafes, jeglichen Spielhallen und Indoor-Spielplätzen (inklusive Indoor-Spielplätze in Einkaufszentren und Restaurants), Teegärten, Versammlungslokals, Vergnügungsparks, Schwimmbecken, Badehäusern, Saunen, Thermalquellen, Massagesalons, SPA`s und Sportzentren vorübergehend eingestellt.

2. Sind jene Arbeitsplätze, deren Aktivitäten im Rahmen der Maßnahmen eingestellt wurden, zur Zahlung ihrer Miete verpflichtet?

Die Regelungen der Mietverträge, welche zwischen den Parteien abgeschlossen wurden, werden in erster Linie angewandt. Im Falle, dass eine Regelung in Bezug auf höhere Gewalt und dessen Konsequenzen vorhanden ist, sollten die Parteien eine angemessene Lösung finden. Unter diesen Umständen werden Regelungen in Bezug auf höhere Gewalt in Übereinstimmung mit den unten genannten Vollstreckungs-, Kündigungs- und Räumungsmaßnahmen angewandt.

Zusätzlich ist die Anwendung der Regelungen zur objektiven Unmöglichkeit der Erfüllung des türkischen Obligationsgesetzes möglich, falls die angemietete Immobilie laut Mietvertrag als „Arbeitsplatz“ definiert wurde und der definierte Tätigkeitsbereich laut Maßnahmen eingestellt wurde.

Hierbei ist es jedoch wichtig festzustellen, ob die durch COVID-19 Maßnahmen bedingte Unmöglichkeit der Erfüllung vorübergehend oder permanent ist. Wir sind der Ansicht, dass die durch COVID-19 Maßnahmen bedingte Unmöglichkeit der Erfüllung als vorübergehend betrachtet werden sollte, da diese Maßnahmen über einen vorübergehenden Zeitraum drastisch angewandt werden und die Rückkehr zum normalen Alltag möglich erscheint.

Die Urteile des Türkischen Revisionsgerichts in Bezug auf vorübergehende Unmöglichkeit der Erfüllung spielen eine wichtige Rolle, da das türkische Obligationengesetz lediglich Regelungen zur permanenten Unmöglichkeit der Erfüllung, nicht jedoch zur vorübergehenden Unmöglichkeit der Erfüllung enthält. Laut der Urteile des Türkischen Revisionsgericht sollte im Falle einer vorübergehenden Unmöglichkeit der Erfüllung das Erfüllungsdatum verzögert werden, bis die Umstände, welche der Unmöglichkeit der Erfüllung zu Grunde liegen, nicht mehr bestehen. Aus diesem Grunde erscheint es aus einem juristischen Standpunkt möglich, die Zahlungen der Mieten zu verzögern, bis die COVID-19 Maßnahmen aufgehoben werden. Dabei sollte jedoch beachtet werden, dass der Vermieter in einem solchen Falle laut Artikel 331 des türkischen Obligationengesetzes eine außerordentliche Kündigung beantragen kann.

Wir würden gerne noch einmal betonen, dass die Verzögerung des Erfüllungsdatums nur für jene Arbeitsplätze möglich ist, deren Aktivitäten laut Ankündigung eingestellt wurden. Die einzige juristische Alternative für Arbeitsplätze, welche die oben genannten Voraussetzungen nicht erfüllen, ist die Beantragung einer Senkung des Mietpreises.

3. Ist eine Mietpreissenkung bei Arbeitsplätzen, welche die in der Ankündigung genannten Voraussetzungen nicht erfüllen, möglich?

Wir sind der Ansicht, dass der Mieter eine Mietpreissenkung gemäß der Regelungen des türkischen Obligationengesetzes zur Störung der Geschäftsgrundlage beantragen kann, falls die oben genannte Unmöglichkeit der Erfüllung nicht besteht und der Mieter seine Zahlungsverpflichtung nicht verzögern kann.

Diesbezüglich kann der Mieter Klage erheben und die Senkung des Mietpreises sowie die Anpassung des Vertrages an die neu aufgetretenen Umstände fordern. Diese Forderung basiert auf der Behauptung, dass der Mieter den Mietbetrag aufgrund von außerordentlichen Umständen, welche zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Mietvertrages nicht vorausgesehen werden konnten, nicht zahlen kann und dass diese Umstände die Konditionen des Vertrages in solchem Grade, dass eine Zahlung nicht weiterhin vom Mieter erwartet werden kann, zu Ungunsten des Mieters verändert haben.

4. Ist eine Einforderung der unbezahlten Mietbeträge per Vollstreckungsverfahren möglich und kann der Mieter aus diesem Grunde zur Räumung des Arbeitsplatzes verpflichtet werden?

Jegliche Vollstreckungsverfahren wurden durch Beschluss des türkischen Präsidenten bis zum 30.04.2020 eingestellt. Ebenfalls wurde laut dem provisorischen 2. Artikel des Gesetzes Nr. 7226 festgelegt, dass dieNichtzahlung von Mieten für Arbeitsplätze zwischen dem 01.03.2020 und dem 30.06.2020 keinen Kündigungs- und Räumungsgrund darstellt.

Im diesem Rahmen kann der Vermieter bis zum 30.04.2020 kein Vollstreckungsverfahren für die Einforderung der ausstehenden Miebeträge einleiten. Da sich diese Einschränkung jedoch lediglich auf Vollstreckungsverfahren bezieht, ist der Mieter dazu berechtigt, für die Einforderung der Mietbeträge Klage zu erheben.

Stand: 17.04.2020

Wir weisen darauf hin, dass sich aufgrund der gegenwärtigen Dynamik die Rechtslage jederzeit ändern kann. Auf Rückfrage können wir Ihnen gerne den dann aktuellen Sachstand erläutern.